Eine Frage der Technik

Talente-Team der Sportstadt Leipzig: Canadierfahrer Fabio Scheler im Interview 

Mit elf Jahren steigt ein fußballverrückter Fabio Scheler in der Ferienfreizeit in ein Wanderboot. Er hat beim Ausflug auf dem Fluss so viel Spaß, dass er sich im Verein anmeldet. Doch statt Tourenkajak erwartet ihn bei der SG LVB ein Rennsportboot. „Ich hab‘ mich gut angestellt und es hat sofort Spaß gemacht … also bin ich dabei geblieben“, erzählt der heute 16-Jährige lachend. Ein Glück für die Sportstadt Leipzig: Heute zählt er zu den großen Nachwuchshoffnungen im Canadier.

Nach wie vor ist Fabio Scheler Mitglied bei der SG LVB Abteilung Kanu. Inzwischen trainiert er allerdings am Landesstützpunkt Kanurennsport am Klingerweg und ist damit an den Trägerverein SC DHfK Leipzig angebunden. Dieser Wechsel war eine Herausforderung in der jungen Karriere. „Bis dahin habe ich zu den Älteren und den Schnellsten gehört – wenn Du dann bei den ‚Großen‘ mittrainierst, dann bist Du plötzlich wieder der Jüngste und auch Langsamste. Wichtig ist, dass wir zum Teil beim Leistungskader mittrainieren. Das spornt mich an und gibt mir eine Orientierung, wo ich hin will“, sagt Fabio.

Am liebsten im C1

Seit Anfang des Jahres ist der Canadierfahrer Teil des Nachwuchskader (NK) 1. In seiner Disziplin gibt es die Bootsklassen C1, C2, C4 und C8, die die Anzahl der Sportler im Boot bezeichnen. Im Kanu-Rennsport gibt es im C1 und im C2, also im Einer- bzw. Zweier-Canadier, jeweils Olympische Bootsklassen. „Von C1 bis C4 machen wir alles. Den C1 mag ich am meisten und trainiere ich auch am häufigsten. Ich arbeite gerne alleine“, erklärt der Schützling von Bundesstützpunkt-Trainer Niels Wegner. „Wenn es von der Leistung und zwischenmenschlich mit einem Bootspartner gut passt, dann ist der C2 auch eine schöne Sache.“

Durch seinen späten Start in der Sportart ist der Schüler am Sportgymnasium hartes Trainieren gewohnt. „Mit elf Jahren war ich ein Spätzünder im Kanurennsport. Ich musste einiges aufholen, habe aber gemerkt, dass ich gerne trainiere. Im Winter stehen viel Kraft und Laufen auf dem Programm, auch Athletiktraining ist ein wichtiger Bestandteil. Etwa sechs Wochen lang steigen wir in der kalten Jahreszeit gar nicht ins Boot. Das ist auch mal okay. In manchen Phasen müssen wir extrem viele Kilometer machen – da komme ich dann auch an meine Grenzen.“ Das Techniktraining findet er am wichtigsten, denn das macht am Ende den Unterschied. In der Videoanalyse nach dem Training wird besprochen, wo sich die jungen Sportler noch verbessern können. „Peter Kretschmer ist zu Recht Olympiasieger und Weltmeister. Sein Stil begeistert mich, denn seine Technik ist perfekt-perfekt. Manchmal trainiert er uns und da merken wir, wie exakt er arbeitet“, schwärmt Fabio Scheler.

Mit Rücksicht auf Leipzigs Gewässern

Trainiert wird auf den Leipziger Flüssen und im Bootshaus Klingerweg. Damit haben die jungen Talente „beste Bedingungen“, so der gebürtige Leipziger. Ein kleiner Wehrmutstropfen sind ausgerechnet die mehr oder weniger versierten Wanderbootfahrer, die mit steigenden Temperaturen die Trainingsstrecken der Rennsportler kreuzen. „Wir haben ja keinen abgesperrten Bereich. Also heißt es Rücksicht nehmen und aufeinander aufpassen. An manchen Tagen ist es tatsächlich stressig. Dann ist es so voll, dass wir stetig schauen müssen, um Kollisionen zu vermeiden.“

Ab der Altersklasse Schüler A – also ab 13 Jahre – haben die Canadierfahrer ein „eigenes“ Boot, in dem sie trainieren und mit dem sie zu Wettkämpfen fahren. Es gehört zwar dem Verein, doch durch die individuelle Anpassung an den Sportler nutzt er es alleine. „In meinem Boot ist zum Beispiel der Knieblock perfekt für mich eingestellt. Seit der Teilnahme an der Junioren-WM ist es auch mit meinem Namen versehen. Das ist schon ein guter Moment“, erzählt Fabio Scheler.

WM-Premiere geglückt

Überhaupt denkt er gerne an seine erste Junioren-WM bzw. die Qualifikation im letzten Jahr zurück. Am Ende brachte er aus dem bulgarischen Plovdiv viele Erfahrungen, sehr gute Platzierungen und eine Bronzemedaille mit nach Leipzig. In der Kategorie C1 Relay – über 5.000 Meter fährt ein zweiköpfiges Team abwechselnd 1.250 Meter und muss zudem eine Laufstrecke von jeweils 50 Metern pro Runde überwinden – belegte er mit Canadierfahrerin Selina Gerchel vom KC Potsdam einen großartigen dritten Platz im internationalen Vergleich. Auf nationaler Ebene war die Goldmedaille im C4 über 500 Meter im letzten Jahr ein Achtungszeichen. Auch dafür wurde er bei der Sommersportehrung 2024 des Landessportbundes Sachsen geehrt. Dass Fabio Scheler in der Erfolgsspur bleibt, zeigt die 2. Nationale Qualifikation Anfang Mai. In Duisburg hat er sich mit starken Performances für die Juniorennationalmannschaft qualifiziert. „Mein großes Ziel ist die Junioren-WM 2026 in Florida. Da möchte ich gerne im C1 über die 1.000 Meter an den Start gehen. Bis dahin werde ich wertvolle Erfahrungen sammeln, z. B. mit unterschiedlichen Wetterbedingungen klarzukommen und mich nicht verrückt zu machen, wenn ich das Gewässer noch nicht kenne.“

Die Sportstadt Leipzig drückt Dir die Daumen und wünscht Dir eine gesunde, erfolgreiche Zukunft!

Mehr Informationen: Das Prädikat „Landesstützpunkt”

Das Prädikat Landesstützpunkt (LSP) wird vom Landessportbund Sachsen aller vier Jahre vergeben bzw. überprüft und ist seit Anfang der 1990er am Klingerweg integriert. Hier können die talentiertesten Sportlerinnen und Sportler aller sächsischen Kanurennsportvereine am Landesstützpunkt ab dem Alter von 15 Jahren trainieren. Sportlerinnen und Sportler, die nicht in Leipzig wohnen, haben die Möglichkeit, im Sportinternat in der Marschnerstraße zu wohnen.

Die Sportler, die am LSP trainieren, sind vorrangig Schüler des Landesgymnasiums für Sport bzw. der Sportoberschule in Leipzig. Sie trainieren mit dem Ziel, bei Deutschen Meisterschaften erfolgreich zu sein und im Juniorenbereich internationale Einsätze mit dem Deutschen Kanu Verband (DKV) zu erhalten. Die Sportler genießen eine besondere Unterstützung, sowohl im medizinischen und schulischen als auch im sportlichen und materiellen Bereich und gelten in ihren Heimatvereinen meist als „Leuchttürme” und Vorbilder für die jüngeren Sportler. Sportlerinnen und Sportler, die den Sprung vom Landeskader (D-Kader) hin zum Bundeskader (D/C und C Kader) schaffen, können ab dem Alter von 18 Jahren am Bundesstützpunkt trainieren.