
„Ich kann mir nicht vorstellen, ohne meinen Sport zu leben“
Talente-Team der Sportstadt Leipzig: Ringerin Ella-Lina González
Als wir Ella-Lina González im August treffen, ist sie gerade aus den USA wiedergekommen. Dort hat sie Familie, Freunde und ehemalige Teamkollegen besucht. Denn auch wenn sie sich heute im Nachwuchskader des Deutschen Ringerbundes in Leipzig richtig wohl fühlt, hat sie ihre Wurzeln in den USA und ein wenig in Bayern.
Ella-Lina ist in Kentucky/USA geboren. Ihre Mutter ist Deutsche, der Vater kommt aus Puerto Rico. Dass sie heute fließend Deutsch spricht, liegt unter anderem daran, dass sie als Kind einige Jahre in Bayern gewohnt und dort die 2. bis 4. Klasse der Grundschule besucht hat. Ihre Großmutter lebt heute noch in Hessen und Ella-Lina sagt: „Ich hatte früh den Wunsch, irgendwann wieder nach Deutschland zu kommen und hier zu leben.“
Leipzig oder Freiburg?
Doch zuvor reifte sie in den USA zum richtig starken Ringernachwuchs. „Meine ganze Familie hat Fußball gespielt, also habe ich das auch gemacht. Mein Bruder ist dann zum Ringen gegangen und ich bin einfach mal mit und habe es ausprobiert. Ich war selbst überrascht, wie viel Spaß es mir gemacht hat! Die meiste Zeit habe ich nur mit Jungs trainiert – bis zur 7. Klasse Fußball und Ringen parallel. Dann musste ich aus Zeitgründen eine Entscheidung fällen und Fußball war raus“, erinnert sie sich an die Anfänge. Richtig gut wurde Ella-Lina in der High School. „Mein damaliger Trainer in Clarksville Brad Warren hat tatsächlich einen Schalter umgelegt und mir neben viel Spaß vor allem den Willen vermittelt, immer besser zu werden. Mein schönster Erfolg war der Tricia Saunders High School Excellence Award 2023. Kurz darauf stand fest, dass es für mich und meinen Sport auch in Deutschland Möglichkeiten gibt und dann habe ich gesagt ‚dann jetzt!‘.“
Aus der Idee wurde ein konkreter Plan und die Familie nahm Kontakt mit dem damaligen Nachwuchs-Bundestrainer Christoph Ewald auf. Er empfahl die zwei besten Stützpunkte in Deutschland: Leipzig und Freiburg. „Ich bin mit meiner Mutter für eine Probewoche nach Leipzig gekommen. Als wir abreisen mussten, habe ich geweint und wusste, dass ich mich für Leipzig entscheiden werde.“ Und so kam es. Natürlich war der Umzug nicht einfach – weg von der Familie in einem anderen Land. „Auf der einen Seite habe ich mich gefreut, mein Ding zu machen. Ich habe sechs Geschwister, da hast Du nie Deine Ruhe“, lacht die 20-Jährige. „Aber klar, ich war dann mit 18 plötzlich alleine und musste viel entscheiden und organisieren. In der Zeit habe ich sehr viel Unterstützung von meinem Verein KFC erhalten. Die Mannschaft ist für mich da.“
„Es liegt an Dir und in Dir“
Seither lebt Ella-Lina González im Sportinternat der Stadt Leipzig. Die Familienbindung ist eng und fast jeden Abend tauscht sie sich mit ihrer Mama via Facetime aus. Zudem ist der Verein eine Art Familie geworden, im Team hat sie Freunde gefunden. Trainiert wird sie von Florian Rau und Emil Tonev, die sie für Wettkämpfe in der U23 bis 59 kg fit machen. „Ich denke, dass ich beim Angreifen schon gut bin – der Rest ist hartes Training. Im Leistungssport musst Du Dich wirklich anstrengen und immer alles geben. Es liegt an Dir und in Dir. Gerade in den Individualsportarten kannst Du nie mit dem Finger auf andere zeigen. Ich mag es, dass das Ergebnis reinweg so gut ist wie ich es bin. Ich kann mir nicht vorstellen, ohne meinen Sport zu leben“, erklärt sie.
Nach einer fast einjährigen Verletzungspause beziehungsweise alternativem Training wegen eines Kreuzbandrisses steht sie jetzt wieder an fünf Tagen in der Woche zwei Mal zwei Stunden auf der Matte. „In Leipzig gefällt mir das Training besser als in den USA. Dort war es wie Ringen, Ringen, Ringen, viel auf der Matte und Technik. Hier steht auch Kraft und mentales Training auf dem Plan, das ist gut.“ In der Trainingsgruppe hat sie erfolgreiche Vorbilder wie Anastasia Blayvas (u. a. Bronze-Gewinnerin der U23-WM, Olympische Spiele 2024) und Amory Olivia Andrich (u. a. Bronze-Gewinnerin der U23-EM).
Ziele: Spitzensport, Ausbildung und Sprache
Seit zwei Jahren fokussiert Ella-Lina ausschließlich auf den Sport – ab September beginnt sie eine Ausbildung zur Physiotherapeutin. „Diese zwei Dinge miteinander zu vereinen, das wird sicher am Anfang eine Aufgabe. Doch mein Gehirn braucht dringend wieder Input, Lernen, mehr Wissen. Ich möchte zudem Spanisch lernen. Das hat mir schon immer gut gefallen, wenn mein Vater aus Puerto Rico in seiner Landessprache spricht.“ Sportlich wird sie künftig weniger Turniere kämpfen als in der Vergangenheit, dafür mit klarem Fokus auf die vorderen Plätze: „Die Top 3 sind mein Ziel – auch bei den Deutschen Meisterschaften 2026.“
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